Ausbau einer 24-er Drehorgel

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Als ich einmal bei meiner 24-er Drehorgel für eine Reparatur die Walze entfernte fiel mir auf, wie viel leerer Raum in so einer Walzendrehorgel steckt ohne Walze. Könnte man da nicht einen Einbau realisieren um diese Drehorgel mit Papierrollen zu betreiben war der nächste Gedanke? Wie das so bei Bastlern der Fall ist, beginnt sich dann das Gedankenkarussell zu drehen. Ja gibt es das schon? Passt dann eine „handelsübliche“ Skala zu dieser Drehorgel? Denn Bänder möchte ich keine stanzen. Soll die Realisierung pneumatisch oder elektrisch sein? Was müsste an der Orgel geändert werden? Und so weiter. Nach einiger Zeit kam der Entschluss, ich probiere das mal.
Die Steuerung soll elektronisch sein, dass passt am besten zu meinem ehemaligen Beruf. Meine 24-er Drehorgel hat vier tiefe Töne mehr als die 20-er Skala. 20-er Rollen habe ich noch einige an Lager. Sollte die Sache misslich klingen, so wäre genügend Platz auf dem Papier um zusätzlich vier Spuren unterzubringen. Also entscheide ich mich für diese Variante. Obwohl ohne Walze reichlich Platz vorhanden ist, ein Papierrollenmechanismus ist voluminös musste ich merken. Das System Raffin mit der grossen Aufwickelspule passt also doch nicht in den Kasten hinein, denn eine Batterie muss ja auch noch in die Orgel! Gewisse Leser denken natürlich mit Recht, warum macht man nicht gleich eine Midi- Steuerung wenn die Orgel schon elektronisch gesteuert wird! Ich finde der Zuhörer soll auch etwas sehen. Nur an der Kiste drehen und sonst bewegt sich nichts mag mir nicht so gefallen.

Der mechanische Teil

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Für den Rollenmechanismus habe ich mich dann für eine „Aufputzvariante“ entschieden (Bild 1). Das heisst der Mechanismus ist auf der Drehorgel. Optisch ist das nicht so vorteilhaft, aber der Zuschauer sieht wie die Sache funktioniert und das gibt immer interessante Gespräche . Damit die Erweiterung nicht zu wuchtig wirkt, ist die Aufwickelspule gleich gross wie die Notenspule. Der Vorschub des Papieres geschieht so mittels zweier Walzen, welche mit zwei Federn zusammengezogen werden. Die Aufwickelspule ist daher mit einer Rutschkupplung versehen. Der Aufbau dieser Kupplung ist denkbar einfach. Das Antriebsrad drückt mit einer Feder auf einen belederten Holzflansch. Die Federkraft kann mit einem verstellbaren Ring angepasst werden. Die Rückspulung ist obereinfach gelöst. Auskuppeln durch ausschwenken des Mitnehmers. Walzen auseinanderdrücken mit Stellhebel. Ein Rückspulschlüssel wird dann einfach in die Inbusschraube der Notenspule gesteckt. Diese einfache technische Ausführung ist also zu wenig handlich für einen „Profidrehörgeler“. Die ganze Funktion ist aus den Bildern gut ersichtlich ( Bild 2 u. 3 ). Der Einsatz inkl. der Elektronik wird nach dem Entfernen der Walze bei offenem Deckel auf die Drehorgel gelegt. Befestigt wird alles mit Federblechen an denselben Ösen wo auch normalerweise der Orgeldeckel arretiert wird. Die einzige „Erweiterung „ ist ein Riemenrad für den Antrieb an der Kurbel, welches jederzeit mit einer Schraube entfernt werden kann. Die Elektromagnete wirken direkt auf die Klaviatur und sind Teil des nächsten Kapitels (Bild 3a).
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Die Steuerung

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Das Papierband wird optisch abgetastet. Pro Spur sind eine Leuchtdiode und ein Fototransistor eingebaut. Die Schaltung steuert dann die Elektromagnete an, welche direkt auf die Zähne der Klaviatur wirken. Pro Spur sind es zwei Elektromagnete die aus zwei umgebauten Relais gemacht sind. Ein Relais ist zu schwach, denn der Stecher braucht im Moment, da er das Ventil öffnet für den Lufteintritt in die Pfeife am meisten Kraft (Bild 4). Und  in dieser Situation hat das Relais leider am wenigsten Kraft. Ein Relais mit wenig Gang ist also als Hilfsrelais gedacht. Die Anker der Relais habe ich einfach mit Aluminiumplättchen verlängert, welche mit Araldit aufgeklebt sind. Die Claviszähne liegen auf den mit schwarzem Filz überzogenen Hölzchen auf. Es sind 6 Volt Relais, welche hier mit 18 V betrieben werden. Eigentlich ist das eher unzulässig, doch da sie sich ja nicht im Dauerbetrieb befinden, werden sie nicht heiss und ich hatte noch nie Probleme damit. Mit den Widerständen R1 habe ich auf gleiche Kollektorspannung über alle 24 Fototransistoren justiert (Bild 5). Der Wert kann sich also etwas ändern. Alles ist auf zwei Leiterbahn-Platinen à 10x16 cm untergebracht (Bild 6). Gespeist wird die ganze Anlage mit einem 12 Volt Akku und einem 6 Volt Akku, welche bequem auf dem Walzenschlitten Platz haben. 12 Volt für die Elektronik und 18 Volt für die Relais. Ich habe Blei-Vlies Akkus mit 3.2 Ah von Conrad genommen. Anfänglich pröbelte ich an einer Schaltung welche bei langen Tönen den Strom der Relais reduziert hätte um Batterie zu sparen, doch die Realisation ist mir zu aufwendig geworden. Die Batterie reicht auch so lange, denn ich spiele nicht andauernd bis mich die Arthrose plagt.
Für die Überwachung der Batterie habe ich einen kleinen Bausatz bei Conrad gekauft und angepasst (KFZ Bordspannungsüberwachung Art. 195308).
Bild 5
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Bild 6
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Fazit
Die Sache funktioniert. Allerdings muss das Band gut geführt sein, was bewerkstelligt wird mit verstellbaren Führungen für die etwas unterschiedlichen Papierbreiten. Die Löcher sollten möglichst gross sein (also Midi wäre eben doch einfacher!). Mit den 20-er Rollen klingt die Orgel etwas grell weil dann eben die vier tiefen Töne fehlen, darum habe ich von der Orgelbaufirma Fuchs einige Arrangements mit 24 Tonstufen machen lassen. So mag mir die Erweiterung gefallen, doch der Charme einer Walzenorgel ist natürlich weg. Sie klingt nun eben wie eine Papierorgel. Allgemein bekannt ist, dass die Ansprache der Pfeifen bei plötzlichem Eintritt der Luft negativ beeinträchtigt wird (Geräusch), was auch bei einer luftgesteuerten Orgel der Fall ist. Das merkt man hier. Diese Steuerung könnte  natürlich auch für andere Instrumente eingesetzt werden.

                            August 2018,  Hans Kunz.