Anmerkung
Im
Heft 119 hat Herbert
Lallinger interessant über seinen Ausbau eines Popper Klaviers
berichtet. Nun
möchte ich über den Ausbau meines Philipps Klavieres
schreiben. Nicht dass ich
das Gefühl habe ich hätte eine bessere Lösung, nein,
mein Vorhaben ist
einfacher und aus drei Gründen möchte ich zur Feder greifen:
erstens habe ich
noch einige Magnete an Lager, welche ich gegen Transportkosten abgeben
könnte,
falls jemand Interesse zeigt. Zweitens möchte ich auf Fehler
Aufmerksam machen,
welche mich viel Zeit gekostet haben. Und drittens möchte ich
interessierte
ermuntern, einmal selber etwas zu bauen.
Eigentlich interessierte ich mich schon
seit geraumer Zeit
für eine unrestaurierte Weber Unika. Nach langem, vergeblichem
suchen und
warten ist mir folgender Gedanke eingefallen. Ich könnte doch mein
Philipps
Pianella Klavier ausbauen! Nach und nach reifte die Idee und ich
entschloss
mich konkret ans Planen zu gehen. Eine Kopie sollte es nicht sein, denn
ich
hatte noch nirgends ein Philipps mit einem Aufsatz gesehen, wie man
z.B. bei
Popper relativ häufig sieht. Da ich am bestehenden Klavier
möglichst wenig
verändern wollte, habe ich mir auch die Realisierung mit einem
Beistellkasten
überlegt. Nach Absprache mit meiner Ehefrau (das Instrument soll
im Wohnzimmer
zu stehen kommen!), habe ich mich für die Aufsatzlösung
entschieden. Die
Steuerung wollte ich ohne Elektronik, elektromechanisch ausführen,
denn ich
habe noch einige Bestände von Elektromagneten und Relais am Lager.
In meiner
aktiven Zeit arbeitete ich bei der schweizerischen PTT (Post, Telefon,
Telegraph). Nach der Privatisierung ist dann aus der Telefonabteilung
die
Swisscom entstanden. Damals hatte ich aus Abbrüchen diese
Komponenten entnommen
und beiseite gelegt. Es ist nun, man könnte so sagen, eine
klingende
Telefonzentrale aus diesem Philipps geworden!
Die Verdrahtung ist nach
dem Verteilersystem realisiert. Auf der einen Seite sind alle Kontakte
von den Tastenbälgen aufgeschaltet
und auf der anderen Seite der Platine die verschiedenen Relais für
die
Betätigung der Töne in den entsprechenden Instrumenten,
welche mit Computerkabeln verbunden sind. Die Zuteilung geschieht
dann mit Ueberführungen. Auch am Lager war noch ein Harmonium,
welches sich
doch gut eignen würde, dachte ich! Ein Register Violinpfeifen
wollte ich bauen
und ein Metallophon würde mir auch noch gefallen. Ansonsten keine
Schlaginstrumente, da ich nicht Freund von den übermässigen
Schlagzeugarrangements bin. Übrigens ist es dann etwas anders
herausgekommen. Mit
dem Harmonium bin ich auf die Nase gefallen und eine Pauke ist doch
noch
entstanden. Doch darüber später mehr. Den Aufsatz wollte ich
hoch genug
gestalten, damit möglichst viele Instrumente Platz haben. Das war
bereits der
erste Fehler, denn ich hätte den Aufsatz gut 50 mm weniger hoch
ausführen
können und dafür hätte man mehr von der
Dachschwellerwirkung gemerkt! Kaum
hatte ich mit der Realisierung begonnen, hätte ich gleich zwei Mal
die
Möglichkeit gehabt eine Weber Unika zu erwerben!
Das Aufsatzgehäuse
Die Ausführung aus Tischlerplatten,
Eiche furniert,
passend zum bestehenden Klavier war eigentlich schon gegeben. Da ich
kein
Designertyp bin, habe ich die Front einfach mit Glastüren
ausgeführt, damit man
möglichst viel vom Innenleben sieht. Die Aufsatzfront mit den
Glastüren ist
sehr leicht gestaltet und mit vier Schrauben montiert, damit sie
schnell und
einfach demontiert werden kann. Die Glasscheiben sind mit Leistchen
eingeschraubt und beidseitig auf Filzstreifen gelagert, damit es nicht
klirrt.
Das Aufsatzgehäuse sowie das Klavier sind mit Schellackmattierung
behandelt.
Der Dachschweller ist mit einem Druckluft Balg gesteuert. Ein Ventil
mit
Relaissteuerung lässt die Luft langsam ein und aus.
Ausbau im bestehenden Klavier
Ich hatte das Glück, dass ich eine
Kopie einer Philipps
Druckwindeinheit aus einem Philipps Paganini kopieren konnte (Abb.1).
Da
genügend Platz im Klavier vorhanden ist, habe ich die
Schöpfbälge etwas grösser
gewählt. Der Balg welcher so aussieht wie ein Magazinbalg habe ich
in der
Grösse belassen, da es sich nach meinem Verständnis nur um
ein Ueberblasventil
handelt. Hier wäre ich interessiert wenn mich jemand darüber
aufklären könnte.
Diese Balgeinheit ist oberhalb der bestehenden Vakuum-Einheit montiert.
Der
eigentliche Magazinbalg befindet sich im Aufsatz hinter der Pauke.
Abb.1
Druckeinheit, Kopiervorlage mit dem "Magazinbalg" auf der linken Seite
Für den
Aufsatz musste der Klavierdeckel aufgesägt werden, das ist die
einzige
gravierende Veränderung am bestehenden Klavier. Für die
Umwandlung der
Registerbefehle von Luft auf Elektrokontakte
baute ich anfänglich ein Stück
Windlade mit Bälgen
aus einem Abbruchklavier ein. Obwohl ich den Weg der Bälge stark
verkürzt hatte,
war die Reaktionszeit zu langsam. Eine neue Ventilschaltung mit
Membranleder
(Abb.2) reagiert nun schnell genug (fast zu schnell).
Abb.2 Ventileinheit für die
Registerschaltung
Philipps PM betont nur
mit einer Schwellereinrichtung, Bass und Diskant sind nicht getrennt.
Beim bestehenden
Schwellerbalg im Klavier-Untereinbau habe ich einfach einen Mikroswitch
eingebaut, welcher den Dachschweller steuert. Alle Tastenbälge
habe ich mit
einem Kontakt bestückt (Abb.3). Die
Kontakte drücken auf eine Leiste, welche ich mit Filzstreifen
überzogen habe,
damit keine Klappergeräusche entstehen. Das war ein Fehler, denn
die Haare des
Filzes gaben Kontaktstörungen. Eigentlich eine Bastellösung,
aber Abhilfe hat
das aufkleben von Kartonstreifen gebracht.
Das Harmonium
Im Prinzip habe ich es ja gewusst, dass ein
Harmonium
langsam anspricht aber ich wollte es mit meinem Druckwindharmonium doch
probieren.
Nach dem Ausbau mit den Magneten und der Inbetriebnahme kam dann die
Ernüchterung (Abb.4). Erstens gefiel mir der Klang nicht gut, ein
Druckwindharmonium klingt eben anders als ein Saugwindharmonium.
Zweitens war
die Ansprache, wie befürchtet, zu langsam.
Abb.4 Harmoniumeinheit
Ein Bastler gibt nicht so schnell
auf! Wie wäre es die Harmoniumstimmen durch Harmonikastimmen zu
ersetzen? Bei
einem Harmonikarestaurator konnte ich einen Satz erwerben. Er reichte
aber
nicht für alle 49 Töne! So beliess ich die tiefsten 12
Töne und setzte sie als
Bassverstärker ein, was mir sehr gut gefällt. Für die
Harmonikastimmen musste
eine neue Kanzellenplatte gefertigt werden (Abb.4a). Gespannt wartete
ich auf
den Erfolg. Doch die Ernüchterung kam umgehend, es klingt eben
immer noch wie
ein Harmonium! Vielleicht etwas zwischen einem Harmonium und einer
Harmonika.
Die Konstruktion der Kanzellen spielt scheinbar eine
grosse Rolle, musste ich merken.
Vermutlich
ist das Harmonium zu laut war die nächste Idee. Also musste eine
Druckreduzierung her. Auch diese Konstruktion hat nicht auf Anhieb
funktioniert. Ich möchte nicht näher darauf eingehen den sie
hat nichts
gebracht. Mich hat dieses Zusammenspiel
mit Harmonium und Klavier einfach nicht befriedigt.
Beim Philipps PM spielt das Klavier immer mit
und auf den Bälgen sind ja die Kontakte montiert und
so muss es zwangsläufig immer mitspielen.
So jetzt ist genug gepröbelt. Harmonium ausbauen und entsorgen war
der
Entschluss. In dieser Zeit hätte man schon längst ein zweites
Pfeifenregister gebaut!
Doch das Unterbewusstsein hat nochmals einen Versuch gefunden. Das
Klavier
hatte doch mal einen Moderator. Wie wäre es,
wenn man ihn mit einem dickeren weichen Filz ausstatten
würde, so wäre
das Klavier sicher stark gedämpft.
Dieser Versuch ist bald eingefädelt und oh Wunder, jetzt
hat mir das
Harmonium plötzlich gefallen. Das heisst also einen Balg mit
Ventil bauen (4b)
welcher den Moderator nach unten bewegt sobald das Register Harmonium
eingeschaltet wird, war die nächste Arbeit.
Abb.4b Ventil für die Balgsteuerung
Im „Versuchsbetrieb“ hörte man aber
gut, dass die Ansprache auch mit den Harmonikastimmen noch zu langsam
war. Es
ist ja auch nicht verwunderlich, denn Philipps verwendet ein 2mm Loch
für die
kürzesten Töne, das entspricht etwa einer Reaktionszeit von
60 Millisekunden. Mir
ist auch kein Phillips PM bekannt mit Harmonium. Wie bereits
erwähnt sollte es ein rein
elektromechanischer Ausbau
werden ohne Elektronik.
Doch es blieb nichts anderes übrig,
als diese Magnete
mit einer einfachen Ein-Transistorschaltung zu versehen, damit sie eine
Abfallverzögerung von ca. 60 Millisekunden erhalten (4c). Diese Transistorsteuerung hat erst noch den
Vorteil, dass die Schaltkontakte etwas entlastet und weniger dem
Abbrand unterworfen
sind. So jetzt kann ich damit leben und nun kommt das Kapitel
Violinpfeifen.
Sicher einfacher denkt der Leser – nicht ganz!
Die Violinpfeifen
30 Stück sollten es sein. Das ist das
Mindeste liess ich
mir sagen. Von einem befreundeten Orgelbauer konnte ich mir 30 Pfeifen
ausleihen,
welche vermutlich in einem Hupfeld Orchestrion eingebaut waren. Der
Orchestrion-Typ
war aber unbekannt. Es waren meine
ersten Eigenbau-Pfeifen! Mit Bormann Bücher und weitern Typs ging
es an die
Arbeit. Ich hatte das Gefühl, die Arbeit sei gelungen und habe die
Pfeifen
zurückgegeben. Nach dem Bau der Windlade, ausgestattet mit
Elektromagneten
(Abb.5) kamen die ersten Versuche und es
war wieder endtäuschend.
Es klang nicht nach Violinen. Ich bin eben
kein
Orgelbauer und kein Intonateur musste ich mir eingestehen. Wie klingt
denn die
Sache mit den Musterpfeifen? Die Pfeifen waren noch vorhanden und ich
konnte
sie mir nochmals ausleihen. Also das hätte ich wirklich nicht
gedacht – sie klangen
genau gleich schlecht! Was jetzt? Nach längerem Zuhören
konnte ich mich mit der
Zeit damit abfinden. Eines schönen Tages telefonierte mir Markus Fuchs von der Firma Fuchs Orgelbau, von
welcher ich die Musterpfeifen seinerzeit ausleihen konnte und sprach:
Jetzt
weiss ich von welchem Instrument diese Pfeifen stammen! Sie sind von
einer
Hupfeld Kinoorgel und wurden mit hohem Winddruck betrieben. Ja jetzt
war der
Fall klar. Ich betreibe meine Pfeifen mit 80 mm WS! Er hat sich spontan
angeboten meine Pfeifen zu intonieren. Für mich hiess das nach
seinen Angaben
Aufschnitt abfräsen und neu einsetzen. Gott sei Dank habe ich
seinerzeit die
Vorschläge nur angeschraubt. Die Arbeit ist gelungen und macht
jetzt auch
Freude.
Das Metallophon
Einige denken wohl ein Metallophon mit
Elektromagneten
anschlagen ist keine Hexerei. Ich wollte die Metallplatten nicht selber
bauen
und suchte ein handelsübliches Metallophon wie das die Blasmusiken
kennen.
Nachforschungen haben ergeben, dass alle mit Aluminiumplatten
bestückt sind.
Bei den Karussellorgeln sind sie aus Stahl und ich hatte meine Zweifel
ob
Aluminium den Klang ergibt den ich liebe. Ich hatte Glück und
konnte billig ein
gebrauchtes Instrument erwerben. Die
benötigten Klangplatten auf einen Rahmen geschraubt und die
Magnete mit Klöppel
versehen war bald einmal erledigt. Das Resultat war mässig. Wie
befürchtet, kein
schöner Metallklang und auch der Anschlag klirrte etwas, aber ich
beliess die
Sache vorerst. Nach einiger Zeit hatte ich bei einem Kollegen ein von
ihm
selber verfertigtes Metallophon mit dicken Stahlplatten gesehen welches
er mir umgehend
schenkte. Das sind noch Kollegen! Nach einigem Pröbeln hat sich
der umgebaute
Anschlag (Abb.6) recht gut bewährt. Bei den tiefen Tönen ist
es etwas schwach
aber diese Lösung gefällt mir nicht schlecht.
Abb.6 Metallophon, Magnet betätigt Klöppel nicht den Stiel.
Die Pauke
Eigentlich wollte ich keine
Schlaginstrumente. Doch mit
einer Pauke kann viel Technik (Drähte, Relais u.s.w.) abgedeckt
werden, und so
ist jetzt das Orchestrion auch mit einer Pauke bestückt. Gerade
bei Märschen
gefällt mir der Paukeneinsatz recht gut und sie ist auch sehr
leise. Betätigung
durch zwei Magnete aus dem Orgelbau (Abb.7)
Abb.7 Paukenmagnet
Anmerkungen
So ein Selbstbau ist wie ein ewiges Werkle , es kann immer etwas verbessert,
verändert
oder erweitert werden. Zum Beispiel einen Triangel möchte ich noch
realisieren.
Nach einigem Hinhören fand ich das Violinregister doch ein wenig
zu laut. Da
der Dachschweller keine grosse Wirkung zeigt, habe ich den Versuch
gewagt und
die Pfeifen in einen eigenen Schwellkasten gesperrt. Bei den tiefen
Pfeifen ist
mir der Kasten zu wenig hoch geraten, ich habe mich einfach vermessen.
Beim
Stimmen und der Ansprache der Pfeifen hat man das dann auch
gehört, die Pfeifen
wurden zu stark beeinflusst. Oben
absägen hat vorläufig Abhilfe gebracht. Natürlich hat
dadurch die
Schwellerwirkung etwas nachgelassen. Die Klappen sind einfach mit
Drähten am
Dachschweller angehängt (Abb.8). Summa summarum hat es doch etwas
gebracht. Damit
der Betrachter nicht einfach eine Kastenfront anschauen muss, ist die
Front des
Schwellers mit Plexiglas abgedeckt.
Mit der verwendeten elektromechanischen
Steuerung, sind
neue Register mit Zusammenschaltungen aus anderen Registerteilen ohne
weiteres
möglich, so wie auch Wurlitzer seinerzeit diese neue Technik
angewendet hat.
Konkret möchte ich ein Register über alle Klaviertöne
zusammensetzen mit den 30
Violinpfeifen oben und die restlichen Töne aus dem Harmonium unten
ansetzen.
Auf meiner Homepage www.mechmusik.ch
können Tondokumente unter Orchestrionmusik
abgehört werden. Wie das so ist mit Hobby-Tonaufnahmen, es
gibt nur
einen ungefähren Eindruck. Auch ist dieser Artikel mit mehr Fotos
auf meiner
Homepage publiziert, ich möchte ja nicht das ganze GSM-Heft mit
meinen
Basteleien füllen.
Dez. 2017 Hans
Kunz.